Geschichte der Polbitzer Kirche

Um 1690 wird notdürftig aus der Asche ihrer im Dreißigjährigen Krieg vollkommen zerstörten Vorgängerin eine kleine Kirche errichtet.

Diese wird 1839 fast vollständig abgerissen und durch einen klassizistischen Neubau ersetzt. Doch die "Dornsche Deckung" bewährte sich nicht, denn bei jedem unbedeutenden Regen regnete es in die Kirche so durch, dass das Wasser auf dem Fußboden knöcheltief stand. So berichtet es ein Zeitzeuge. Also wurde das Kirchendach im Jahre 1843 durch ein neues ersetzt. Der im Jahr 1868 errichtete Kirchturm war ebenfalls nach 28 Jahren so schadhaft geworden, sodass sich im Jahr 1897 die Erneuerung des Holzwerkes vom Glockenstuhl aufwärts als höchst notwendig erwies.

Im Jahre 1952 erforderte der Zustand des Turmdaches erneut eine Reparatur. Deshalb beschloss der Gemeindekirchenrat die Neueindeckung des Daches in Angriff zu nehmen.


Letzter Gottesdienst 1978

Im Jahr 1978 fand die letzte kirchliche Handlung in diesem Gotteshaus statt. Eine Totenfeier für die Bäuerin Nenz. Seither fehlte es der Kirche an einer zeitgemäßen, sinnvollen und vor allem wirtschaftlich erträglichen Nutzung. Und doch gab es eine Reihe von Initiativen, um sie vor dem endgültigen Verfall zu bewahren.

In den Jahren 1995 bis 1997 veranstaltete die Gemeinde jährlich ein Kulturfestival auf dem Dorfanger, mit Blueskonzerten und Ausstellungen in der Kirche. Ein Versuch, das Gotteshaus multikulturell zu nutzen, der von der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen wurde. Zahlreiche Künstler bemühten sich, mit ihren Kunstwerken bzw. ihren Konzerten den finanziellen Grundstock für die Instandsetzung der Kirche zu legen. Außerdem machten diese Veranstaltungen deutlich, dass das Interesse der Bevölkerung an diesem Gebäude bzw. an dessen kultureller Nutzung sehr groß ist, denn während der Konzerte blieb kein Platz im Kirchenschiff leer.

Instandsetzung des Turms

Noch im Herbst des Jahres 1999 bot die sehr schadhafte Kirche zahlreiche Angriffsflächen für die Witterungsverhältnisse und war dem Verfall zunehmend preisgegeben.

Dieser Umstand bewegte uns am 12. 10. 1999, einen Förderverein für den Erhalt der Kirche zu gründen. Nach der Bestandsaufnahme stellten wir fest, dass die Bausubstanz des Turmes besonders stark gefährdet war, so berichtete der damalige Vorstandsvorsitzende und Elsniger Bürgermeister Ulrich Großmann. Die Verblechungen fehlten fast vollständig und die Schieferschindeln lösten sich ab. Dank des Engagements, der Fördermöglichkeiten der Denkmalschutzbehörde, des Regierungspräsidiums Leipzig und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gelang es, die Sicherungs- und Instandsetzungsarbeiten am oberen Teil des Turmes durchzuführen. Mit dem Aufsetzen der Turmbekrönung am 01.04.2000 feierten wir gemeinsam mit den Polbitzer Bürgern den langersehnten erfolgreichen Abschluss des 1. Bauabschnittes, der Turminstandsetzung.


2. Bauabschnitt: Die Sanierung des Kirchenschiffes

Die Jahrhundertflut 2002 war ein immenser Rückschlag 

Nachdem die gewaltigen Sanierungsarbeiten auch im und am Kirchenschiff und Dach im Jahr 2002 schon sehr weit fortgeschritten waren, wurden wir in unserer Arbeit durch den Dammbruch in der Nacht vom 17. auf den 18. August 2002 wieder um ein großes Stück zurückgeworfen. Nicht nur, dass einige Vereinsmitglieder persönlich mit Hab und Gut vom Hochwasser (ca. 1.80 m durchschnittlich im Ort) betroffen waren. Auch im unteren Bereich der Kirche waren erhebliche Hochwasserschäden zu beklagen. So dauerte es, nachdem die Kirche kurzzeitig als Unterkunft für Helfer von Feuerwehren und THW aus Nah und Fern diente, weitere 4 Jahre bis wir am 19.05.2006 die feierliche Übergabe an die öffentliche Nutzung unserer Kirche begehen durften. Allen Helfern, Unterstützern, Vereinen, Organisationen und Institutionen, die uns dabei geholfen haben, dieses ehrgeizige Ziel zu verwirklichen, gebührt dafür ein großer Dank und ein klingendes "GLORIA"!


10 Jahre "Polbitzer Kultursommer" im Jahr 2016

Seit 2006 finden nun alljährlich vielfältige kulturelle aber nach wie vor auch wieder kirchliche Veranstaltungen in unserer Polbitzer Kirche statt.

So gibt es jährlich von Anfang Mai bis Ende Oktober regulär vier Ausstellungen von Malerei, Graphik, Keramik über Fotografie bis hin zu kunsthandwerklichen Arbeiten auf der Empore zu sehen. Diese werden meistens mit einer Vernissage eröffnet und musikalisch oder literarisch umrahmt.

 

Aber auch Konzerte wie z. B. der "Wittenberger Hofkapelle" oder Trommelnachmittage wie z. B. mit "SAMACLANKA" sind sehr beliebt und haben sich zu einer inzwischen festen Tradition etabliert. Zweimal fand auch schon die "Literarische Sommerkirche" in Polbitz statt und die "Rozhinkes" trugen 2014 mit Klezmermusik, sowie der Frauenchor des Kirchspiels Dommitzsch-Trossin im Jahr 2016 ihren musikalischen Teil dazu bei. Oder Autoren lesen an Literaturnachmittagen aus ihren Werken, wie z. B. Robert Lucas Sanatanas im Juli 2016. Ein Höhepunkt in diesem Jahr war die Präsentation der Wanderausstellung unter dem Titel "10 Jahre Kultursommer in Polbitz" unseres Partnervereins

"Mitteldeutsche Kirchenstrasse" e. V., in der unsere Kulturarbeit der ersten Dekade von Lysander Pötzsch eindrucksvoll geschildert und illustriert ist. Als Dank für dieses schöne Resumee und die wertvolle Zusammenarbeit über die letzten zehn Jahre hinweg überreichte Torsten Freche zur Eröffnung an Lysander Pötzsch ein Aquarell mit dem Motiv der Polbitzer Kirche von Sieglinde Lawrenz.

Seit der Auflösung des Vereins "Mitteldeutsche Kirchenstrasse" befindet sich diese Ausstellung nun dauerhaft in unserer Kirche.

Die "Torgauer Renaissancetänzer" waren ebenfalls schon mehrfach in Polbitz zu Gast, mit höfischen und Bauerntänzen und ließen sich auch schon mal auf dem Dorfanger zu einem Picknick nieder. Auch Erlebnis-Dia-Vorträge oder multimediale Veranstaltungen gab es in der Vergangenheit schon in unserer Kirche zu sehen.

Aber auch für technisch interessierte Besucher hält unsere Kirche ein besonderes Kleinod bereit.

Wer die 63 Stufen bis zum obersten Stockwerk im Kirchturm nicht scheut, den erwartet zur vollen Stunde ein imposantes und klangliches Schauspiel an rotierender Mechanik, zum größten Teil in Originalsubstanz - das Uhr- und Schlagwerk unserer Kirchturm-Uhr.

 

Wir begrüßen durchschnittlich ca. 800 Besucher und Gäste in unserer Kirche, was auch an der besonderen Lage direkt am Elbe-Radweg liegen mag, der viele Radler im Sommer an Polbitz vorbeiführt. Nicht selten übernachten die Besucher auch spontan in der Pension von Gerald Rodler in direkter Nachbarschaft von Kirche und Storchennest. Allerdings hatten wir 2013 wegen des Junihochwassers wieder etwas weniger Besucher,

denn über zwei Wochen war Polbitz erneut nur mit dem Boots-Shuttle der Feuerwehr erreichbar.

Aber der neue Damm hatte sich bewährt. Der Ort selber blieb trocken.

2019: "20 Jahre Förderverein der Kirche zu Polbitz e. V."

Seit dem unser Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender, der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde Elsnig, zu der auch Polbitz gehört, Ulrich Großmann aus Verein und Vorstand 2017 ausgeschieden war, bekleidet der "Wahl- und Wochenend-Polbitzer" Dietmar Dönges die Funktion des Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden. Und Ina Bär übernahm die Funktion der Schriftführerin von Uta Jüngling.

Leider verstarb an Neujahr 2019 unser Gründungsmitglied und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande, Frau Dr. Irmgard Klingbeil.

Trotz der Entfernung zwischen ihrem späteren Lebensmittelpunkt in Güthersloh und dem Ort ihrer Kindheit war die gebürtige Polbitzerin immer in besonderer Weise mit der Polbitzer Kirche verbunden und hat bis zu ihrem Lebenende mit mehreren privaten Spendenaktionen unseren Förderverein immer wieder unterstützt. Aber auch die heutigen Polbitzer Nachbarn unterstützen unseren Förderverein mit Geldspenden,

wenn z. B. mal das Uhrwerk repariert werden muss oder als eines von z. Zt. vier aktiven Polbitzer Vereinsmitgliedern, drei davon im Vorstand.

Bei unseren lediglich 30 Einwohnern im Dorf immerhin ein Anteil von ca. 15%. Noch dazu waren über Jahre zwei Vereinsmitglieder bis zu dessen Auflösung auch Mitglied im Elsniger Ortschaftsrat und mit Angelika Schaffer ist unser Förderverein seit der Kommunalwahl im September 2019 auch im neu gewählten Gemeinderat von Elsnig vertreten. 

Welcher Ort kann schon ein ähnlich ambitioniertes bürgerschaftliches Engagement vorweisen.

Mit dem 24. "Tag des offenen Denkmals" am 8. September 2019 endete unsere Festwoche "20 Jahre Förderverein der Kirche zu Polbitz e. V.",

in welcher wir mit drei Konzerten der Wittenberger Hofkapelle unter der Leitung unseres Vereinsmitglieds Thomas Höhne und einer Autorenlesung

mit Catrin Moeller dieses Jubiläum feiern durften. Zum musikalischen Abschluss des 14. Polbitzer Kultursommers trat zum ersten Mal der

URAL-KOSAKEN-CHOR am 16. Oktober 2019 in der Polbitzer Kirche auf.

Unser letztes großes Förderprojekt von 2017 - 2021:

Die Restaurierung unserer historischen Müller-Orgel von 1841/42

Mit dem neuen Vorstand arbeiteten wir neben der Organisation und Durchführung unseres alljährlichen "Polbitzer Kultursommers" seit 2017 auch 

an diesem letzten großen denkmalpflegerischen Projekt unserer Satzungsziele.

Nach Erteilung der Denkmalschutzrechtlichen Genehmigung durch die Untere Denkmalschutzbehörde des Landratsamts Nordsachsen wurden noch im selben Jahr Förderanträge gestellt (u. a. bei der "Sparkassenstiftung Leipzig für die Region Torgau-Oschatz" und bei der Landkreisverwaltung).

Seit die ehemalige Ressortleiterin, Frau Elfi Werner, nach langjähriger hervorragender denkmalpflegerischer Zusammenarbeit auch mit unserem Förderverein sich im wohlverdienten Ruhestand befindet, betreute ihre Nachfolgerin, Frau Katrin Böhm unser Förderprojekt. 

Der erste Bauabschnitt, die Aufstellung des restaurierten Orgelgehäuses mit Manual- und Pedalklaviatur mit den dazugehörigen Trakturen auf der Empore, dem Windkanal sowie der neuen Balganlage mit Winderzeuger im 3. Turmgeschoss konnte dank der Unterstützung durch das

LRA Nordsachsen im Jahr 2019 in Zusammenarbeit mit der Fa. Orgelbau Bochmann aus Kohren-Sahlis erfolgreich abgeschlossen werden.

Die anschließende Farbfassung des Orgelgehäuses wurde maßgeblich durch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der

Stadt- und Kreissparkasse Leipzig gefördert.

Im selben Jahr 2019 erhielten wir auch bereits Förderzusagen vom LRA Nordsachsen, der Sparkassenstiftung Leipzig für die Region Torgau-Oschatz sowie im Jahr 2020 wiederum von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig für den nun folgenden 2. und letzten Bauabschnitt, die Sanierung des Pfeifenwerks inkl. Intonation und Stimmung - der mit Abstand größten und finanziell aufwendigsten Einzelposition unseres Vorhabens. Mit der Fa. Historische Tasteninstrumente & Cembalobau aus Rostock hatten wir dafür auch einen kompetenten neuen Partner im Orgelbau gefunden, nachdem Gerd-Christian Bochmann von der gleichnamigen Orgelbaufirma in

Kohren-Sahlis, die den 1. Bauabschnitt übernommen hatte, Ende 2020 leider verstorben war. Somit waren wir in der Lage, die Vollendung unseres Großprojekts noch Jahr 2021 feierlich zu begehen und konnten mit dieser "Kleinen Königin der Instrumente" nun auch unser musikalisches Angebot um diese Möglichkeit bereichern, wieder Orgelkonzerte in Polbitz stattfinden zu lassen. Ein vorläufiger Höhepunkt in diesem neuen Portfolio war z. B. das Konzert am 28.06.2022 mit dem Mailänder Star-Organisten Paolo Oreni. Überaus gern angenommen wird auch unsere neue Konzertreihe mit dem erweiterten Angebot aus Kaffee, Kuchen und Getränken seit dem Frühjahr 2022.

Aber auch zu kirchlichen Veranstaltungen erklingen jetzt wieder die Klangfarben unserer Orgel, wie bei der ersten Taufe in Polbitz seit Jahrzehnten  der "Eisernen Hochzeit" von Uta und Harry Jüngling im Spätsommer 2022.